FARBGESTALTUNG FÜR EINE HESSISCHE GESAMTSCHULE (Martin-Buber-Schule in Groߟ Gerau)

(GGG Gesamtschul-Kontakte 01.12.2005) Seit dem Sommer 2005 erstrahlt der erste Bauabschnitt der kernsanierten Martin-Buber-Schule in Groß Gerau in Hessen in frischen Farben. Für die Architektur zeichnet sich das Architekturbüro Löwer und Partner aus Darmstadt und für die Farbkonzeption die Farbgestalterin und Architektin Monika Diefenbach aus Frankfurt verantwortlich.
Allen voran war es die Schulleitung, die erkannte, dass das Thema Farbe gerade für Schulgebäude ein nicht zu unterschätzendes Medium ist. So kam es zur gesonderten Beauftragung für die Farbgestaltung.

Farbe im Lernumfeld Schule
Nicht erst seit "Pisa" weiß man, dass das Lernumfeld Einfluss auf das Arbeitsklima hat sowohl was das soziale Miteinander betrifft als auch das fachliche Lernen. Schon vor einigen Jahrhunderten hat der Schulreformer Jan Amos Comenius gefordert: "Die Schule selbst soll eine liebliche Stätte sein, innen und außen einen Augenweide."
Das System Schule ist durch gesellschaftliche Veränderungen im Wandel begriffen. Dies sollte als Chance für Verbesserungen auch der räumlichen Qualitäten genutzt werden. Neben Klima, Akustik  und Beleuchtung ist es die Farbgebung der Räume, die ausschlaggebend für stimulierende und motivierende Raumerlebnisse ist.
Mit einer optimalen Farbgebung lässt sich also eine inspirierende Atmosphäre schaffen, in der Menschen mit- und voneinander lernen und das Schulgebäude als ihr Lebensraum anerkennen können.

Farbreize werden unbewusst und mit dem ganzen Körper aufgenommen im positiven wie im negativen Sinne. Aus diesem Grunde ist es außerordentlich wichtig, die bevorzugten und die abgelehnten Farben der Schüler, Schlülerinnen und des Schulkollegiums zu kennen und bei der Gestaltung zu berücksichtigen.

Zielsetzung der Farbgestaltung
Die farbliche Gestaltung der Schule sollte abwechslungs- und anregungsreich sein. Andererseits wollen Schüler und Schülerinnen aber nicht von Farben bedrängt werden.
Die Atmosphäre soll freundlich sein mit sanfter Licht- und Farbwirkung.

Ausgehend davon, dass Farben auf ihre Nutzer eine nicht unerhebliche Wirkung haben, funktioniert der Einfluss der Farben nur dann, wenn Farben nicht nur symbolisch oder dekorativ eingesetzt werden. Sie entfalten ihre Dynamik erst, wenn sie flächendeckend an Wänden, Decken und Fußböden eingesetzt werden. Wobei folgende Faktoren zu berücksichtigen sind: Blendfreiheit, keine großen Leuchtdichteunterschiede zwischen Tafel und angrenzender Wand, möglichst keine starken Reflexionen und gute Beleuchtung.

Befragungen zur Farbbevorzugung
Zu Beginn der Arbeit wurden an der Schule 184 Schüler und Schülerinnen aus allen Jahrgangsstufen und 31 Erwachsene, die an der Schule beschäftigt sind, befragt. Dies geschah unter anderem mit Zuhilfenahme einer Farbpalette mit insgesamt 27 Farben. Die Testpersonen wurden nach der 1. und 2. Vorzugsfarbe und der Ablehnungsfarbe gefragt. Das Testmaterial wurde vom Institut für Farbendynamik, Bretzfeld entwickelt.

Bei einem Vergleich Mädchen und Jungen fallen die  zum Teil erheblichen Unterschiede zwischen den Geschlechtern auf. So bevorzugen viele Mädchen eher Pastelltöne. Fast 50 % der Mädchen lehnen die Farben Schwarz und Dunkelbraun ab. Die Jungen bevorzugen verschiedene Blautöne. Auffallend ist bei ihnen die hohe Ablehnung der Farbe Rosa.
Interessant ist, dass man den jeweiligen Entwicklungsstand der Kinder an der Wahl der Vorzugs- und Ablehnungsfarben erkennen kann. So verlagern sich die Farbpräferenzen im Laufe der Jahre, und das bevorzugte Farbspektrum der Schüler und Schülerinnen wird mit dem Alter größer.

Auch bei der Lehrerschaft zeigen sich deutlich geschlechtliche Unterschiede: Bei den Frauen stehen mehrere Pastelltöne an erster Stelle. Abgelehnt wird vor allem die Farbe Dunkelbraun. Die Männer bevorzugen eher Vollfarben wie Ultramarin. Sie lehnen an erster Stelle Schwarz ab.  

Schule ist immer anders
Jede Schule kann farblich so gestaltet werden, dass sich alle wohl fühlen. Dafür ist aber immer eine  individuelle Beratung erforderlich, denn die Ergebnisse der Befragung können nicht auf andere Schulen übertragen werden. Die soziale Zusammensetzung der Schüler, geografische Lage, Größe der Schule und viele weitere Faktoren sind für die Individualität jeder einzelnen Schule verantwortlich.

Farbkonzept - Wie fließen die Ergebnisse der Befragung in die Gestaltung der Schule ein?
Ziel ist es einen Farbkanon zu finden, der allen gerecht wird. Die ausgesuchten Farben sollen sowohl eine Harmonie bilden als auch eine große Abwechslung durch verschiedene Kombinationen ermöglichen.

Im Farbkanon sind die Lieblingsfarben der Schüler- und Lehrerschaft enthalten. Sie werden gezielt und wohl dosiert nach Funktionen der Räume als Akzentfarben eingesetzt.
Auch die Farben der Wände, der Fußböden und der Türen sind keinem Zufall überlassen. Mit Pastelltönen und etwas kräftigeren Farbtönen werden die Oberflächen sehr differenziert gestaltet. Die unbunten Farben Schwarz, Grau und Weiß sind tabu.
Um nur einige Beispiel zu nennen: Die Wände der naturwissenschaftlichen Räume zeigen einen anderen Pastellton als die der Klassenräume. Die Klassenräume der jüngeren Schüler sind anders gestaltet als die der älteren Schüler. Lehrerzimmer sind so angelegt, dass sie einerseits zur Kommunikation einladen andererseits Ruhe ausstrahlen.  

Orientierung in den Gebäudetrakten
Gerade für die jungen Schüler und Schülerinnen aber auch für Besucher ist es wichtig, dass sie sich in dem weitläufigen Schulgebäude leicht zurechtfinden.

Der Gebäudetrakt 1 (Fachräume und Klassenräume der 8. - 10. Klassen) erscheint in eher kühlen Farben, der Gebäudetrakt 2 (Verwaltung und Klassenräume der 8. - 10. Klassen) in etwas wärmeren Farben mit kontrastreichen Akzenten und Gebäudetrakt 3 (Freizeitbereich und Klassenräume der 5. - 7. Klassen) in warmen Tönen mit schwerpunktmäßig warmtonigen Akzenten.
Auch die jeweiligen Geschossflure und Treppenhäuser sind unterschiedlich in der Farbgebung.

Resonanz
Nach einigen Monaten der Nutzung sind die Reaktionen der Schüler und Lehrer durchweg positiv. Sie sind vom abwechslungsreichen Farbspiel begeistert. Alle sind bemüht, die schönen Oberflächen durch Achtsamkeit zu erhalten.

Monika Diefenbach
Dipl-Ing. Architektin u. Diplom Farbberaterin
Berger Straße 368
60385 Frankfurt
Tel. 069- 468338
www.architekturbuero-d.de

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